SPÖ-Chef Babler sagte kürzlich, dass ältere Menschen bei Bankterminen oft durch Digitalisierung diskriminiert werden. Er sprach sich für ein "Recht auf Banktermine" ein. Zuletzt gab es auch Beschwerden über fehlende Bankomaten in gewissen Bezirken. Wir sprachen zu diesem Thema mit den größten Banken der Stadt.
WIEN. Viele stehen mit fragenden Augen vor neuen technologischen Lösungen. Besonders kompliziert wird es vor allem dann, wenn niemand da ist, der bei Problemen helfen kann. Vergangene Woche meinte SPÖ-Chef Andreas Babler, dass ältere Menschen zu oft von "Diskriminierung durch Digitalisierung" getroffen werden. Aus dem Grund will er höhere Gebühren für persönliche Beratungen und Banktermine verbieten, denn es brauche ein "Recht auf Banktermin".
Babler will ein "Recht auf Banktermin"
Im MeinBezirk-Gespräch bezeichnete der Bankenverband Bablers Aussagen als "politischen Vorstoß", der nicht besonders ausgewogen sei. Die Bankfilialen verschwinden nicht und Kontakt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Filialen wird es immer geben.
In den vergangenen Monaten berichtete MeinBezirk von der Lage am Alsergrund sowie über der Donau in Floridsdorf und der Donaustadt, wo immer mehr Bankfilialen schließen. Der Bankenverband erinnert zu dem Thema, dass es Cashback-Angebote in Supermärkten gibt. Kundinnen und Kunden können Bargeld an Kassen in 14.000 Filialen abheben. Dieser Service ist jedoch "nicht ganz so bekannt" bei der Bevölkerung, heißt es.
Aus dem Grund und nach dem Babler-Vorstoß startete MeinBezirkeinen Rundruf bei den größten Banken des Landes, um in Erfahrung zu bringen, wie es tatsächlich um die Filialen in Wien steht.
Bank 99
Die Bank99 hat in Wien derzeit 86 Filialen und die Kundinnen und Kunden werden bei weiteren 24 Post-Partnern serviciert. Im Vergleich zum vergangenen Jahr ist die Anzahl der Filialen gleichgeblieben, allerdings gibt es zwei Post-Partner weniger. Bis Ende des Jahres sind keine weiteren Schließungen geplant.
Unternehmenssprecher Michael Zeman erklärte, dass den Kundinnen und Kunden drei neue Kontomodelle angeboten werden. Bei dem "einfachsten" Konto mit den günstigsten Konditionen gibt es um 1,99 Euro ein vollwertiges Konto ohne Bedingungen wie Gehaltseingang. "Online-Banking vorausgesetzt, werden hier Bankgeschäfte hauptsächlich digital erledigt", erklärt er.
Bei der zweiten Kontovariante können zusätzlich SB-Geräte (Selbstbedienung) gratis genutzt werden. Dies eignet sich für jene, die Bankgeschäfte gerne online erledigen, aber immer noch auch Bargeld nutzen. Und die dritte Variante vereint alle Service für jene, die ihre Bankgeschäfte auch gerne regelmäßig persönlich erledigen, daher sind alle Schaltertransaktionen inkludiert.
Mit diesen drei neuen Kontovarianten, unter den Bezeichnungen Smart, Aktiv und Top, gehe man "noch besser auf Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden ein und zeigen, wie einfach und flexibel Banking sein kann". Man stehe für smarte Produkte und Service mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis und wolle der Kundschaft die Bankgeschäfte einfach, verständlich und unkompliziert wie möglich machen. Derzeit sind Termine bei der Bank99 gratis, heißt es abschließend.
Erste Group
Die Anzahl der Filialen der Erste Group ist in den vergangenen fünf Jahren kleiner geworden. 2019 waren es 57 Filialen, mittlerweile sind es 49. "Wobei es sich bei unseren Schließungen um Zusammenführungen von kleineren Filialen in Größere handelt und der Kunde/die Kundin die Beraterin oder den Berater in der nächsten Filiale wieder findet", erklärt Sprecher Martin Sonn-Wende.
"Wir sind und bleiben eine Filialbank", ist man sich sicher. Einige Jahre bereits sehe man "natürlich ein deutlich verändertes Kundenverhalten", weil es den Kundinnen und Kunden um hohe Beratungsqualität, bedürfnisorientierte Produkte und moderne Services unabhängig von Ort und Zeit gehe. In den vergangenen Jahren frequentiert die Kundschaft die Filialen "deutlich weniger", da man eben andere orts- und zeitunabhängige Kanäle für den Kontakt und das tägliche Erledigen der Geldgeschäfte bevorzugt.
Bablers Vorstoß wollte man nicht direkt kommentieren, sagt aber: "Wir bieten alle Beratungen auf allen Kanälen an (Telefon, Video und Filiale). Eine Beratung kann auch über mehrere Termine gehen, dann wechselt der Kanal auch oft wie z.B. bei einer Wohnbauberatung mit mehreren Gesprächen." In Umfragen sieht man zuletzt, dass die grundsätzliche Zufriedenheit mit dem Bankomatennetzwerk hierzulande zufriedener sei, als öffentliche Diskussionen vielleicht glauben machen.
BAWAG
Die BAWAG verfügt derzeit über 25 Filialen in der Bundeshauptstadt. In den vergangenen zwölf Monaten gab es keine Filialschließungen, ob es in der Zukunft welche geben wird, ist nicht bekannt. Man investiere in die Filialmodernisierungen und habe vor Kurzem auch eine digitale Filiale eröffnet, so ein Unternehmenssprecher.
Etwa 90 Prozent der Bankgeschäfte werden bei BAWAG digital abgewickelt, entweder über mobile oder Web-Banking-Funktionen oder SB-Geräte. Man bekenne sich zur Geldausgabegeräte-Infrastruktur und die abgeschlossene Vereinbarung der Wirtschaftskammer mit dem Gemeindebund. In dieser verpflichten sich die Banken, ihre bestehenden Geldausgabegeräte an den bisherigen Standorten zu erhalten.
Bei den Kundinnen und Kunden sieht man "sehr starke" Veränderungen beim Verhalten "quer durch alle Altersgruppen". "So haben sich etwa die Schaltertransaktionen in unseren Filialen in den vergangenen Jahren sehr stark reduziert. Die Kartenausstattung der Kunden mit Kredit-, Debit- und Kontokarten hat sich deutlich erhöht – ebenso wie die Nutzung dieser Bankkarten. Eine besonders rasante Entwicklung verzeichnete auch die Akzeptanz und Nutzung des kontaktlosen Bezahlens mit Bankkarten am POS (bei Einkäufen) mit der NFC-Funktion", meint Sprecher Manfred Rapolter.
Außerdem sieht man einen starken Anstieg an Kunden, die ihre Routine-Geldtransaktionen mit eBanking durchführen. Beschwerden, dass in der Nähe Bankomaten fehlen, könne man nicht nachvollziehen und bei BAWAG gab es zu diesem Thema keine Beschwerden. Die Bank pflegt Partnerschaften mit Einzelhändlern, etwa Supermärkten, bei denen man auch Bargeld abgehen kann. Zudem können BAWAG-Kunden österreichweit Bargeld an einem Tag ihrer Wahl persönlich nach Hause geliefert bekommen und jeder Kunde mit Wohnsitz in Österreich kann eine "Bargeldbestellung im Inland" für sein Konto bestellen.
Raiffeisen
Die Wiener Raiffeisen Bank ist in der Stadt an rund 20 Standorten vertreten. Im vergangenen Jahr gab es keine Filialschließungen, weitere sind auch nicht geplant. "Im Gegenteil, 2019 sind wir mit einer Rundum-Erneuerung der Filialen in die Offensive gegangen. Heuer wurden die Bezirksbank Kagran und jene am Siegesplatz modernisiert. Im September wird die Bezirksbank Meidlinger Hauptstraße neu eröffnet und im vergangenen Jahr wurden die Bezirksbank Seilergasse und die Simmeringer Hauptstraße rundum-erneuert", erzählt Sprecherin Maria Wohlgemuth.
In den Filialen entfallen für persönliche oder digitale Beratungen keine Kosten für Kundinnen und Kunden an. Doch auch hier hat sich das Verhalten geändert: "Beim Kundenverhalten bestätigt sich – so wie in vielen anderen Branchen – der Trend zur Digitalisierung. Mittlerweile erledigen unsere Kund:innen 95 Prozent aller Transaktionen digital".
Insgesamt 230 Raiffeisen-Bankomaten gibt es in Wien, davon sind 175 an Standorten der Supermarktkette Spar oder sonstigen Institutionen wie Spitäler. Damit betreibe man eines der größten Bankomaten-Netze der Stadt und stelle eine "flächendeckende Bargeldversorgung" sicher. Auch Raiffeisen bekennt sich zur Vereinbarung zwischen Wirtschaftskammer und Gemeindebund.
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